Autoren-Archive: Corina

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Mit Schwert, Charme und Methode

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Ingo Litschka ist das, was man gemeinhin einen Kerl wie einen Baum nennt. Groß, kräftig und breitschultrig steht er da und lässt den Kellerraum noch beengter wirken, in dem er seine Schüler tainiert. Nötig hätte er das imposante Langschwert wahrlich nicht, um Eindruck bei diese zu schinden. Es genügt schon, dass diese den Kopf in den Nacken legen müssen, wollen sie den Ausführungen ihres Meister folgen. Der 45-jährige Pforzheimer hat sich dem historischen Fechten verschrieben und vermittelt diese Jahrhunderte alte Fertigkeit in einen kleinen Kreis Eingeweihter.

Mit Schwert, Buckler, Messer, Dolch, Mordaxt, Rapier und Stock bringt er Jugendlichen und Erwachsenen diesen faszinierenden europäischen Sport näher. Im Einzelunterricht, aber auch in kleinen Gruppen mit maximal vier Personen zeigt er, dass es um Technik, Offenheit und Flexibilität geht, nicht ums bloße
 "Dreschen“. Wer sich als Kind für die rasanten Kampfszenen in Kino- und Fernsehfilmen begeisterte, muss bei Litschka nun Abschied nehmen von idealisierten Vorstellungen über das Mittelalter. „Die in Filmen dargestellten Fechtszenen kann man gleich vergessen“, sagt Litschka. „Auch die im Sportfechten herrschende Disziplin. Im Mittelalter ging es schlichtweg ums eigene Überleben, nicht darum, Punkte zu machen.“
Litschka, ganz in Schwarz mit einem verwegen um den Kopf geschlungenen Kopftuch, fängt mit seinen Schülern damit an, „womit auch die Knappen begonnen haben“. Mit gepolsterten Scheibendolchen, die engsten Körperkontakt von Mann zu Mann erfordern. „Man könnte es auch Rumbubeln nennt“, grinst der Hüne.

Für die Übungsstunden verwendet er Waffen aus Aluminium. „Die werden nicht so schnell schartig.“ Mancher Zweikampf sieht eher nach Ringen und Boxen denn nach Fechten aus. „Aber das passt schon. Schließlich hat sich aus dem Ringen das Fechten und aus dem Fechten das Boxen entwickelt.“ Der Weg zum gekonnten Umgang mit dem geschmiedeten Stahl ist weit. Um beim Gegner einen – ursprünglich im Ernstfall tödlichen – Stich zu landen, ist eine ungeheure Vielfalt an gezielten Körper- und Hiebbewegungen, Konzentration und gleichzeitig flexiblen Geist nötig. „Etwa sieben Jahre lang dauerte die Ausbildung eines Ritteranwärters“, weiß der Inhaber der Fecht-Schule an der Arlingerstraße.Unaufgeregt und aufmunternd weckt Litschka das Grundverständnis seiner „Knappen“ für die einzelnen Waffen. Dabei lässt er viel Fachwissen um den historischen Kontext des Fechtens einfließen. So erfahren die Teilnehmer, dass Redensarten wie „auf der Hut sein“ und „jemanden auf dem falschen Fuß erwischen“ aus der Fechtsprache stammen. Immer wieder baut er Brücken zu anderen, auch asiatischen Kampf- und Fechtsystemen, so dass das Training besonders für Kampfsportler und Fechter äußerst interessant und aufschlussreich ist.

Sobald Ingo Litschka mjt einem seiner Aspiranten in Clinch geht, wirkt der Schwertkampf wie ein durchchoreografierter Tanz. Doch der Lehrer ist nicht übermächtig. Manch einer der Schüler landet hin und wieder sogar einen trefflichen Hieb, was Litschka überrascht und auch freut. Mit Lob wird dann nicht gespart.
Das historische Fechten ist ein „Allkampfsystem“ mit unterschiedlich bewaffneten und unbewaffneten Techniken. Selbst das Werfen eines Hutes, um den Gegner zu blenden, das Treten auf den Fuß oder das Schlagen mit dem Knauf eines Schwertes sind erlaubt. „Auch der Daumen im Auge ist noch gentlemanlike“, schmunzelt Litschka. „Eine Etage tiefer dagegen ist verpönt.“

Bücher und Schriften zur Fecht- und Kampfkunst von verschiedenen Fechtmeistern gibt es bereits seit dem 13. Jahrhundert. Das historische Fechten umfasst somit gut 500 Jahre europäische Geschichte. Verdrängt wurde der klassische Mann-zu-Mann-Kampf, bei dem Kraft, Geschick und Können zählten, von Schwarzpulver-Waffen, die sich immer mehr verbreiteten. Nachdem im 19. Jahrhundert das historische Fechten bei den aufgeklärten Bürgern nicht mehr en vogue war, erlebt es mit begeisterten Kämpfern wie Ingo Litschka eine Renaissance. Mittels historischer Quellen in Form von Schriften und Büchern wird die ursprüngliche Kampfkunst rekonstruiert.

Der Pforzheimer kam vor zehn Jahren durch einen Fantasyfilm zum Fechten. „Was die machen, kann ich doch auch, dachte ich damals“, erzählt der 45-Jährige. Er ging auf die Suche nach den Wurzeln und der Substanz dieser Kampfkunst. Einen „sehr geduldigen“ Lehrmeister und Mentor fand er in Walter Neubauer von „Ochs München“, einem Verein für historisches Fechten. Das westliche Kampfsystem ist reichhaltiger und effizienter, als ich dachte“, stellte der Recke bei seiner Suche fest. „Vor allem war ich nicht auf die Fülle an Techniken, Tricks und Waffen gefasst.“ Mit den passenden Trainingswaffen wird er von Walter Neubauer aus Bayreuth beliefert. Der Schwertkünstler kämpft nicht nur, sondern stellt auch die schlagkräftigen Requisten her, mit denen er die heimischen sowie die Salzburger Festspiele versorgt.

Wenn Litschka nicht das Schwert schwingt, dann den Pinsel. Auch ein edler Recke muss seine Brötchen verdienen. So absolvierte er – nach dem Studium der Theologie in Stuttgart sowie der Philosophie in Karlsruhe – ein Fernstudium in Malerei und Grafik. Seither arbeitet der Pforzheimer als freischaffender Künstler. Er stellt konstruktivistische Arbeiten her, die sich mit Schatten beschäftigen und damit spielen. Vor zwei Jahr war er beispielsweise auf der Karlsruher Kunstmesse vertreten. Neben der Entwicklung seiner freien Kunst arbeitet Litschka auch am Aufbau seiner Fechtschule „Fecht-Hut“. So ist er zurzeit auf der Suche nach einem größeren Übungsraum. „Allerdings hat der enge Keller den Vorteil, dass die Schüler nicht nach hinten oder seitlich ausweichen können, sondern dem Gegner auf die Pelle rücken müssen“, sagt er. Auch eine Showgruppe mit den Fecht-Kollegen Michael Ramus und Winnie Engber könne er sich vorstellen. Immer häufiger werden ihre Fähigkeiten für Events oder auch Werbefilme nachgefragt. „Das wachsende Interesse übertrifft alle meine Erwartungen“, freut sich der Hüne. Und lässt für einen kurzen Moment erkennen, dass auch ein Kerl wie ein Baum seinen weichen Kern hat.

Alle Fotos von Bettina Thieme

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10155962_644346822349610_1384548798096392615_nWas schenke ich meinen Lieben? Alle Jahre wieder stehe (wahrscheinlich nicht nur) ich vor dieser Frage. Spätestens wenn das erste Kerzlein auf dem Adventskranz blinkt. Doch seit ich auf die Herrin der Ringe gestoßen bin, kann ich (mir) eine Antwort darauf geben - mit schönen und ungewöhnlichen Dingen, die sonst keiner hat. Bei diesen Geschenken kann ich sicher sein, dass es sich um Unikate handelt, die sonst niemand hat. Ein bisschen Exklusivität darf es schon sein (hüstel), meine Damen, oder war meint ihr?

Heute erzähle ich euch erstmal ein wunderschönes Märchen. Es beginnt folgendermaßen:

Es war einmal ein Handtuch...
Damit fängt auch Andreas Linzners Geschichte an. Der Modedesigner beglückt mit seiner Idee nicht nur schwäbische Sparheimer. Alle, die immer noch mit ihrem Badetuch aus Kinderzeiten kuscheln, können das jetzt offiziell tun. Andreas macht aus altem Frottee Elefanten oder Hasen oder Giraffen oder Pokale oder Adventskränze… Wie viele Frotteehandtücher den vergangenen 14 Jahre durch seine Hände gegangen sind, kann er nicht sagen. Auf ein Jahr gerechnet kommt er auf 100 Kilogramm an Stoff.

Bild-12110407125_554327151351578_4919085901023574055_nDer Elefant ist der absolute Renner bei den Kindern. Wie oft Andreas Linzner einen abgeknudelten Rüsselträger wieder reparieren musste, kann er gar nicht zählen. „Ich sage zu den Kindern, lieber weniger drücken und mehr anschauen.“ Für den alltäglichen Gebrauch oder den erwachseneren Geschmack gibt es Gegenständen wie Wärmflasche, Schlüsselanhänger oder Badvorleger mit Sprüchen darauf. Selbst Frottee bezogene Postkarten für Herz erwärmende Grüße sind zu haben.
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Der 45-jährige arbeitet mit ausgewählten Recyclinghöfen zusammen. Die schicken ihm kartonweise Handtücher, Gardinen und Bademäntel im spießigen 50er- oder schrägen 70er Jahre-Dessin. Immer wenn eine Lieferung kommt, ist „es wie Weihnachten für mich“, schmunzelt der Designer. In der Werkstatt stapeln sich die Stoffe meterhoch, und die Nähmaschine surrt, damit der Nachschub im Laden nicht ausgeht. Das wohlige Material schmückt in seiner Werkstatt Wände und Tische, man fühlt sich irgendwie beim Rausgehen wie nach einem ausgiebigen Schaumbad. Nur hat man davon mehr.

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In Hamburg hat der gebürtige Wuppertaler – nach Lehr- und Wanderjahren in Pforzheim und Nürnberg und einem dritten Platz beim Burda-Nähwettbewerb (mit 18 Jahren)
 – ein Atelier bezogen. Dort findet man so ziemlich alles aus dem Schlingengewebe, das jeder von uns kennt. Linzner selber liebt den Stoff so sehr, dass er sich mehrmals im Jahr auf Spurensuche nach dessen historischen Wurzeln in die Türkei begibt. 900 Handtücher, die „garantiert nicht zerschnitten werden“, hat er mittlerweile gesammelt. Diese will er in den nächsten zwei Jahren in einer Ausstellung präsentieren. Die Farben und Muster der 60er- und 70er-Jahre liebt der Retro-Fan am meisten. „So etwas findet man heute gar nicht mehr.“
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Selbst in Los Angeles, London, Kopenhagen und Zürich lieben die Kunden die Flauschtieren. Von Top-Designer Paul Smith gab's schon eine Karte mit einem herzlichen Dankeschön. Auch Nachwuchs-Komiker, die sich alljährlich im Januar dem HH-Frottee-Comedy-Wettbewerb stellen, sind ganz vernarrt in den bunten Stoff. Als Preis winkt ein von Andreas Linzner selbst genähter Pokal aus – na, was wohl – Frottee.

10698706_644345695683056_3247373924915620435_nÜbrigens: 2006 hat Cindy aus Marzahn die Trophäe gewonnen. (Vielleicht rührt daher ihre Vorliebe für pinkfarbene Badezimmer-Auslegeware?)

Fotos von Andreas Linzner

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Blindes Bambi statt Kuh: Diese Frau hat den Schalk im Nacken und Spaß an ausgefallenem Schmuck. Das Reh stammt übrigens auch aus der Werkstatt der Schmuck-Designerin Sabine Ring-Kirschler.
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Mit oder ohne Kalt-Emaill: Silberringe von hohem Anspruch.
Ein Armband mit einem ausgefallenen, an ein Mieder erinnernden Charm brachte viel Lob und mich auf die Spur einer besonderen Frau. Nach kurzer Facebook-Recherche und Googlen ist bald klar, die Frau, aus deren Werkstatt das schöne Stück ist, will ich kennenlernen. Da trifft es sich prima, dass Sabine Ring-Kirschler nur eine Querstraße von mir entfernt ihr Atelier ringbyring hat. Die gebürtige Pforzheimer, die sich langsam, aber sicher auch in der regionalen Kunstszene einen Namen macht, ist gerne zu einem Treffen bereit.
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Bombastisches, was ans Herz geht.
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Herz-Anhänger "flow" gibt es in großen und kleinen Ausführungen.
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Armband, das einer Amazonenprinzessin würdig ist.
Ein graues, verhuschtes Mäuschen darf man nicht sein, will man etwas aus Sabines Kollektion tragen. Dieser Schmuck verlangt nach starken Trägerinnen. "Alphaweibchen, Amazonenprinzessinen " nennt Sabine diese Frauen, "die das Hirn offen haben". Passenderweise tragen die Serien auch Namen wie "Aphrodite", "Undine" oder "Windsbräute", sogar ein "Samurai" ist darunter. Aber allen Stücken ist gemein: sie kommen nicht dezent, fast versteckt daher. Sie forderen Aufmerksamkeit, aber nicht schreiend mit viel Blingbling und Chichi. Haben sie nicht nötig. Sie sind einfach existent, geben wortlos Statements ab. Wie ein Mensch, der allein durch seine Persönlichkeit alle Blicke auf sich zieht.
 
Auch Sabine ist ein Mensch mit Charisma. Seit 35 Jahren schlägt ihr Herz für schöne Dinge. Für Objekte, die das Leben und seine Trägerin schöner machen. Das lässt sich nicht besser ausdrücken als in Gold und Silber, ist die quirlige Frau überzeugt. Da lage es natürlich nahe, eine Ausbildung als Goldschmiedin zu machen. Leidenschaftlich erzählt sie, wie jedes einzelne Exemplar entstanden ist. Diese Leidenschaft spürt man in jeder ihrer Kreationen. Ihre Inspiration zieht sie aus dem genauen Beobachten der Natur, von Lebewesen. So findet man durchaus Baumrinde, Schnecke oder Liebesgedicht auf so manchem Ring oder Anhänger wieder. Ihr Vater habe sie gelehrt, genau hinzusehen bei Spaziergängen, erzählt die Designerin, die Ihre Werkstatt als "One-Woman-Show" betreibt.
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Die ersten Entwürfe scribbelt Sabine Ring-Kirschler von Hand auf Papier.
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Der Wachsrohling, Anguss genannt, wird in Gips gebettet. Wenn dieser ausgehärtet ist, wird er erwärmt, damit das Wachs rausfließt. In die dadurch entstehende Hohlform wird das Edelmetall reingegossen.
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Diese Gummiformen braucht der Schmuck-Designer, um den Anguss überhaupt erst fertigen zu können.
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Letzter Schliff: Fragiles Werkzeug für feinste Detailarbeiten.
Erste Entwürfe etwa für einen Ring scribbelt sie auf Papier, setzt diese dann dreidimensional in Wachsmodelle um. Diese Rohlings beschnitzt Sabine so lange, bis sie ihrem Anspruch genügen. Anschließend wird das Modell in eine Gummiform gegossen. Mit Hilfe des dabei entstehenden Abdrucks entsteht dabei der entsprechenden Anguss. Dieses hängt die Künstlerin an einen so genannten Wachsbaum. Dieser wird mit einem Spezialgips eingegossen und wandert dann in den Ofen, um das Wachs darin auszuschmelzen. Übrig bleibt am Ende nur noch die Hohlformen des ursprünglichen Wachsbaums. Im Hochdruckverfahren und mittels Zentrifugalkraft spritzt Sabine die hohle Form mit einem Edelmetal wie Gold oder Silber aus. Ist die Form endlich abgekühlt, wird sie zerstört, und Sabine löst die im Rohzustand befindlichen Ringe aus. Diese bekommen vom Profi noch den entsprechenden Feinschliff. verpasst. Sabine verleiht den "fishing for compliments" oder "Soulfood"-Kollektionen mittels Laser poetische Inschriften, feilt an der "Plisse"-Reihe die entsprechenden Falten naturalistischer aus, veredelt die "Silberschätze" mit Kaltemaill oder Lack. Manchem Ring gibt sie noch ein gewisses I-Tüpfelchen in Form eines hochwertigen Steins mit.
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Seit acht Jahren entwirft die pfiffige Künstlerin auch Schmuck für die Wand.
"Es ist echt spannend, wieder mal meine älteren Kollektionen zu sehen", stellt Sabine fest, nachdem sie mit mir die Schaukästen durchgegangen ist. "Bei vielen fällt mir wieder ein, was mir damals durch den Kopf gegangen ist. Eine Zeitreise von 20 Jahren durch die verschiedenen Schaffensperioden könnte man es nennen. Eine dieser Perioden entstanden aus einer persönlichen Krise vor acht Jahren hat sie wieder mehr zur Kunst geführt. "Ich hatte damals viel Zeit, mich mit mir selbst zu beschäftigen", erzählt Sabine, die an der hiesigen Hochschule Kunst studiert hat. Inzwischen ist diese Episode überwunden, geblieben sind die Bilder und Skulpturen, die Sabine 2013 im Volksbankhaus gezeigt hat. Auch für 2015 ist wieder eine Ausstellung geplant. Bei Oliver von Zepelin. "Einem ganz alten Freund. Den genauen Termin sag ich dir, wenn es soweit ist", sagt sie und lacht.

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So kommt Ihr aus der Paperblog-Falle raus  Foto: Fotolia

Oder besser gesagt, wie ich der Paperblogfalle entging beziehungsweise wieder rausfand

Ich muss mich outen und zugeben, dass ich so ein Fall bin, der sich vor einem halben Jahr von Paperblog hat verschaukeln lassen. Kann als Entschuldigung nur anführen, dass ich als Blogger-Anfänger jung und dumm war und auf die Verführung der lieblichen Johanna (oder nennt sie sich jetzt Julia?) reingefallen bin. Mit dem Versprechen auf einen größeren Bekanntheitsgrad meines Blogs und in Traffic zu ersticken habe ich mich ködern lassen, den entscheidenden Klick zu tun und ein Teil der Paperblog-Community zu werden.

Blöd nur, dass ich - wie immer in den meisten Fällen - erst ab diesem Zeitpunkt angefangen habe, mein Gehirn einzuschalten und genauer nachzuforschen. Mit dem Resultat: Andere Blogs warnten eindringlich davor, sich auf das Spielchen einzulassen und sämtliche Posts an Paperblog zu verschenken. Die machen damit, was sie wollen. Können Texte ändern, verkaufen und überall veröffentlichen, wo sie nur wollen.

Sollte ich kündigen wollen, drohen mir Schadensersatzforderungen von Seiten Paperblogs: Wie Kerstin Wirsing aus den AGB zitierte: „2.6 Gemäß Artikel L 121–4 des französischen Gesetzes zum Geistigen Eigentum kann der Blogger der Paperblog das Recht entziehen, seine Inhalte zukünftig zu nutzen. Der Rückruf der Rechte wird einen (1) Monat nach Bekunden dieses Wunsches seitens des Bloggers wirksam und kann zur Folge haben, dass die PaperBlog Schadensersatz vom Blogger für den ihr durch den Rückruf des Inhalts entstandenen Schaden einfordert. Dies gilt nicht, soweit der Rückruf aufgrund einer Vertragsverletzung seitens PaperBlog erfolgt.“

 Nirgendwo der Hinweis, dass es so etwas wie doppelten Content gibt und mein Blog durch die Teilnahme an Paperblog einen viel größeren Schaden hat.
Wären die so freundlich wie sie tun, welcher Schaden könnt ihnen denn entstehen?
Lösche ich solche Inhalte, sind dies 4 Minuten Datenbankarbeit und aus die Maus,
also muss der Schaden ein anderer sein, denn Paperblog bei einer Löschung meiner Daten hat, wenn ich da auf einmal nicht mehr mitmachen will.
Fakt ist: Paperblog nutzt den Inhalte für ihr Geschäft und sie kassieren mich nochmals ab, wenn ich kein kostenloser Content-Lieferant mehr sein magst.
Und klar Gerichtsstand ist Frankreich - wer traut sich da zu klagen

O Shit! Also erstmal den Kopf in den Sand gesteckt. Schließlich ist doch damals zeitgleich mit meiner Anmeldung zu Paperblog mein Rechner abgestützt und ich habe seit daher auch nix mehr von dem Verein gehört. Doch vor ein paar Tagen bin ich mit der schnöden Realität konfrontiert worden. Als ich einen Artikel von mir gegoogelt habe, wurde dieser auf Paperblog aufgelistet, noch weit vor meinem eigenen Blog.

Alles klar, ich stecke in der Kündigungs-Falle. Von einer Bloggerin wusste ich, ihr ist dasselbe vor drei Jahren auch passiert, als sie angefangen hatte zu bloggen. Sie hat ewig gegoogelt und nach einer Lösung gesucht. Der einzige Weg damals für sie war es, die URL des RSS Feeds zu ändern. „Dadurch habe ich einige Leser verloren, aber besser als das meine Posts immer noch dort erscheinen!“, meinte sie. „Von anderen habe ich gehört das sie den gesamten Blog geschlossen haben. Bei Paperblog einfach kündigen oder den Account zu schließen ist nicht, zumindest habe ich nie etwas dazu gefunden“, so die Bloggerin weiter.
Das macht doch richtig Mut. 🙁 

Mein Aufruf in einer Bloggergruppe bei Facebook brachte endlich die Erkenntnis, dass sich seit kurzem rechtlich bei Paperblog etwas geändert haben muss. So wusste Christina Hütten: „Der Gerichtsstand ist in Frankreich. Allerdings agieren sie auch in Deutschland mit einem deutschen Auftritt. Dann sind sie auch verpflichtet, entsprechende Anfragen beantworten zu können. Wahrscheinlich hängt mit dem deutsche Web-Auftritt die Lösung zusammen, die Madline Lubjuhn parat hatte: „Ich habe es jetzt erst einmal über das Kontaktformular probiert: http://de.paperblog.com/kontakt/. Dort kann man als Betreff direkt "Ich möchte die Zusammenarbeit mit Paperblog beenden" auswählen.

Was soll ich sagen: „So einfach, so gut!“ Dieser Input war genau richtig. Nach wenigen Minuten erhielt ich diese Nachricht:

Hallo  Corina,

wir bedauern es sehr, Sie als Blogger bei Paperblog verloren zu haben. Selbstverständlich akzeptieren wir Ihren Wunsch und ich habe Ihren Blog sowie sämtliche Artikel soeben von unserer Seite genommen.
Bis die Änderung auf unserem Server übernommen wird, kann es jedoch noch einen Moment dauern.
Bitte haben Sie etwas Geduld - der Vorgang ist in wenigen Stunden ausgeführt.

Mit freundlichen Grüßen,

Johanna/johanne@paperblog.com

Das war’s, wie es aussieht. Nochmal glimpflich davongekommen – ohne Lehrgeld zahlen zu müssen! Ich sage der Community: Ganz herzlichen Dank, Leute, für die schnelle und unbürokratische Hilfe! So müsste es immer sein.

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Frische Kräuter dürfen in der Küche nicht fehlen.
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Allein das Lesen der Menükarte lässt schon das Wasser im Munde zusammenlaufen...

Kochkurse gibt es viele, aber einem Sternekoch in die Töpfe gucken und Tricks aus erster Hand lernen zu dürfen ist ein seltenes Erlebnis. Die LeserPlus-Aktion der Mittelbadischen Presse macht es möglich. Und so stellt sich TV- und Promikoch Klaus-Werner Wagner von »Gourmet ... die Koch­schule« aus Sasbachwalden einmal im Monat der Neugierde von bis zu zwölf Kocheleven. Sieben Kochenthusiasten sind es, die sich zum ersten Kurs im Kehler Euro-Küchen Kintscher einfinden. Ich darf die Gruppe an diesem Abend als Chronist begleiten, nachdem die Verantwortlichen mir hoch und heilig versprochen haben, dass ich beim anschließenden Essen natürlich dabei sein dar. Und so warten wir alle gespannt auf den Starkoch und auch ein bisschen nervös. Darum gibt es eine Runde Champagner, die Karin und Konrad Kintscher  austeilen. Mit etwas Alkohol im Blut lockert sich die Stimmung merklich auf. Fröhlich lachend marschiert die Truppe in den Waschraum zum Hände waschen, wie Wagner befiehlt.

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Ein Gläschen Champagner vorab und die launigen Sprüche des Küchenchefs lockern die Stimmung bei den Kochnovizen deutlich auf. Und so werden dem Profi ziemlich viele Löcher in den Bauch gefragt.
Wer schon einmal einen Kochkurs besucht hat, weiß, dass es beim gemeinsamen Kochen durchaus lustig, locker und heiter zugeht. Natürlich gibt es klare Regeln in der Küche, an die man sich halten muss, aber grundsätzlich kommt die gute Laune nie zu kurz. Die oberste Regel von Klaus-Werner Wagner lautet: „Wir sprechen uns in der Küche alle mit Du und Vornamen an, das macht die Kommunikation einfacher.“ Auch das Fragen stellen fällt den Sieben dadurch sichtlich leichter.
Bevor es in der Küche richtig zur Sache geht, bespricht Wagner das geplante Menü beziehungsweise was gekocht werden soll. Anhand verschiedener Wildgerichte mit den passenden Saucen und Beilagen sollen die Kochnovizen die Methode des Niedriggarens kennen lernen. „Die Todbratmethode kennen die meisten von Euch wahrscheinlich schon“, frotzelt Wagner. Sein Ziel ist es, dass die Teilnehmer die gezeigten Gerichte daheim leicht nachkochen können.

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Wird immer beliebter bei Profi- und Hobbyköchen - die Niedriggarmethode beim Garen. Starkoch Klaus-Werner Wagner verriet, wieso und zeigte natürlich ein paar tolle Tricks in der Küche.
Beim Kochen mit Niedertemperatur werden Fleisch, Fisch und Geflügel zunächst bei hohen Temperaturen angegart und anschließend bei niedrigen Temperaturen sanft weitergegart. Beim Fleisch sollten 75 Grad bei einer Garzeit von je nach Größe des Fleischstücks mindestens zwei Stunden einkalkuliert werden. »Anbraten kann man das Fleisch aber auch noch nach dem langen Garen im Backofen, denn das Anbraten gibt dem Braten die leckere Färbung und entwickelt das Röstaroma«, erklärt Wagner und sorgt damit für die ersten erstaunten Gesichter bei den »Kochazubis«. Auch das Fett nicht in die Pfanne, sondern ans Bratenstück gehört, sorgt für große Augen.
Jeder in der Gruppe muss mit anpacken. Frank, bekennender Rosenkohlhasser von Kindesbeinen an, darf die grünen Röschen klein schnippeln. Wagner verspricht ihm: „Nach meinem Rezept wird dir Rosenkohl schmecken.“ selbst holt sich Claudia an die Seite, die die großen Fleischstücke vom Hirsch nach und nach in der Pfanne anbrät. Natürlich verrät der Sternekoch hier und da kleine Tipps und Tricks, um das Kochen zu erleichtern bzw. das Ergebnis zu verbessern. So geben Salz und Zucker den Speisen Farbe und bringen den Eigengeschmack des Lebensmittels besser hervor. Senf darf erst in die Soße im allerletzten Moment, sonst verschwindet das ganze Aroma. Falsch verwendete Gelatine ruft den gefürchteten Gummibärchen-Effekt hervor. Der Herdchef verweist auch auf die hochwertige Qualität der Lebensmittel. „Das Teuerste, was es beim Kochen gibt, ist ein schlechtes Produkt.“, warnt der Profi.
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Frank drückt dem Rotkohl seinen Stempel auf.
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Beate und Sabine grübeln darüber nach, ob die Maisplätzchen die richtige Konsistenz zum Wenden erreicht haben. Toni, Kochlehrling im 2. Jahr und Sohn von Klaus-Werner Wagner, hat die Damen, aber auch die Pfanne im Auge.
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Claudia haut die Wildschwein-Filets in die Pfanne.
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Semmelknödel müssen nicht zwangsläufig im kochenden Wasser landen. Sie können auch ganz easy im Backofen zubereitet werden. Sehr empfehlenswert für Kochlaien!
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Nur hochwertige (Bio-)Produkte warten auf ihre Zubereitung. Das schmeckt man auch anschließend.

Wagner plaudert ein bisschen über seinen Werdegang als Koch, erzählt auch von seinem Schwiegervater, der als Inder die Zubereitung von Ghee (eine Art Butterschmalz) kennt und klärt über die aphrodisierende Wirkung von Tonkabohnen auf. Währenddessen wird begeistert an allen Ecken und Enden der großen Arbeitsfläche Rotkohl-Carpaccio geschnippelt, Maisplätzchen-Masse angerührt, Zwiebeln gehackt, Maronen-Semmelknödel für die Röhre geformt, Teig für die Schokoküchlein mit flüssigem Kern vorbereitet, Karamell mit Wein und Spanischem Likör abgelöscht  – alles garniert mit den launigen Anekdoten des Küchenchefs.

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1 .Gang: Filet vom Wildschwein im Kräutermantel an Dijon-Senfsauce mit Balsamico-Rotkohl-Carpaccio und Maisplätzchen.
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2. Gang: Niedertemperatur gegarter Hirschrücken an Cranberrysauce mit Rosenkohljulienne und Maronen-Semmelknödel aus der Röhre.
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3. Gang: Lebkuchen Pannacotta mit Schokoküchlein mit flüssigem Kern an Birnenragout.
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Die Tischdekoration spiegelt das Thema des Kochevents wider: Zubereitung von Wildgerichten.

Und zwischendurch genießen wir natürlich das frisch zubereitete Essen an der passend zum Thema herbstlich dekorierten Tafel. Bei allen drei Gängen stimmen Kintschers, die Kursteilnehmer und ich unisono den Mmmmmmh-Chor an, bloß Frank stellt noch fest: "Hmm, der Rosenkohl schmeckt ja gar nicht übel, trotzdem wird er nicht zu meinem Lieblingsgemüse."