Zwei Mal im Jahr veranstaltet der Offenburger Verlag Reiff Medien für seine treuen Abonnenten eine LeserPlus-Dankeschön-Nacht. Immer wieder mit unterschiedlichen Zielen. Am Samstag war es wieder soweit. Bei frühlingshaftem Wetter starteten nachmittags 20 Busse mit rund 1800 Lesern der Mittelbadischen Presse in Richtung Stuttgart. Ziel: das Stage Palladium Theater im SI-Zentrum. Dort wartete auf die Truppe ein ganz besonderes Erlebnis: die exklusive Vorstellung des Musicals „Chicago“ sowie ein Meet & Greet mit den Hauptdarstellerinnen.
Kein Stau trübte die erwartungsvolle Vorfreude der Businsassen. Reibungslos klappte der Transport zur Landeshauptstadt. Die kurze Wartepause bis zur Öffnung des Foyers vertrieben wir uns in den Colonnaden des SI-Zentrums. Dort luden Shops zum Bummeln ein, Themenrestaurants boten Köstlichkeiten aus aller Welt.
Punkt 18.45 Uhr gingen die Türen auf zu dem ganz in rot gehaltenen Theatervorraum mit den schwarzen Ledersesseln. An den beiden, in rotes Licht getauchten Bars gab es kostenlosen Sekt sowie andere – auch nicht alkoholische – Getränke. Allein diese Club-Atmosphäre vermittelte schon einen Hauch der 20er-Jahre.
Auch Marketing-Chef Christian Gimbel stimmte das Publikum auf die folgende Show ein. Mit launigen Worten über die zweitgrößte und (windigsten) Stadt der USA und das Gangsterwesen der 20er-Jahre begrüßte er uns von der Bühne aus. Zudem lobte Gimbel die Leistung des Teams um Marketing-Fachfrau Anita Pippig, das diesen Abend erst möglich gemacht hat. Dann endlich hob sich der Vorhang.
Die Vorführung behandelt im Grunde eine sehr ernste und zum Nachdenken anregende Thematik. Verrat, Ungerechtigkeit, Eitelkeit, Sensationsgier und der Tod werden dem Zuschauer in einer überraschend leichten, unterhaltsamen, raffinierten und zynisch-amüsanten Mischung im "Cabaret-Stil" vor Augen geführt. Regisseur und Autor Bob Fosse gelang damit ein zeitloses Musical, das auf den ersten Blick verführerisch wirkt, dahinter aber eine Geschichte bietet, die mit bissigem Humor den Medien und unserer Gesellschaft den Spiegel vorhält.
Bühnenbild und Kostüme verändern sich fast beziehungsweise gar nicht. Der fehlende Bühnenbildwechsel war für die Show unabdingbar, denn die Darsteller avansieren mit plakativer Schauspielkunst und übertriebener Mimik, Gestik und mit lasziven Choreografien selbst zur Hauptkulisse des Stücks. Dabei überzeugt das Stuttgarter Ensemble darstellerisch und gesanglich sehr. Viele der Lieder hatten definitiv das Potential zum Ohrwurm. Darin waren sich auch alle Besucher aus der Ortenau einig. Vielen gefallen hat auch die 14-köpfige Bigband. Das Orchester sitzt in einer Art schrägen Setzkasten auf der Bühne und ist komplett in das Stück mit eingebunden. Und diese optische Präsenz unterstreicht wiederum den Stellenwert, den die Musik in diesem Musical einnimmt:
Über die Vorstellung selbst schieden sich die Meinungen der Zuschauer. „Kein aufwendiges Bühnenbild, keine Kostüm-Orgie, zu wenig Show. Das war sehr gewöhnungsbedürftig und für einige Musical-Fans nicht ganz so reizvoll wie die opulenten Aufführungen von „Tanz der Vampire“ oder „Wicked“.
Bei „Chicago“ haben sich die Erschaffer ganz auf die Grundbausteine des Musicals besonnen: Musik, Tanz und Story. Ein „Musical für Fortgeschrittene“ ist es meiner Meinung nach. Mir erklärt sich zumindest plausibel der Grund, warum das Stück 18 Jahre lang ununterbrochen am New Yorker Broadway zu sehen war und weltweit so frenetisch gefeiert wurde.
Mein Fazit: Wer zu „Chicago“ geht und einen heißen Abend mit bösem Humor und rotzig-jazzigen Songs erwartet, wird definitiv nicht enttäuscht und feststellen, dass „Chicago“ mit keinem anderen Musical vergleichbar ist.
Dass die beiden Hauptdarstellerinnen – die Holländerin Carien Keizer (Roxie Hart) und die US-Amerikanerin Lana Gordon (Velma Kelly) – im Anschluss fleißig Autogramme und Einblicke hinter die Kulissen gaben, war auch nicht gerade üblich für einen normalen Musicalbesuch. „Chicago ist sehr textlastig. Wir müssen sehr viel und sehr schnell sprechen“, erzählte Keizer. Damit das, was sie und ihre Kollegin Gordon singen, auf Anhieb verständlich ist, feilten die beide Darstellerinnen auch nach Feierabend noch an ihrer deutschen Aussprache. Die Fans erfuhren auch, dass Keizer zu einem Höhepunkt in ihrer Laufbahn die Rolle als Leading Lady im berühmten Pariser Revuetheater „Lido“ zählt. Da laut Presseberichten zufolge „Chicago“ im Herbst zugunsten von „Rocky“ abgesetzt werden soll, interessierte es natürlich auch einige, wie es mit den Darstellerinnen weitergeht. „Das wissen wir selber noch nicht“, erklärte Lana Gordon. „Es wäre aber sehr schön, wenn ich weiterhin mit Carien auftreten könnte.