Essbare Gefahr aus dem Wald

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Der dreistündige Waldspaziergang hat sich gelohnt: Die Körbe der Pilzberater Elke Förderer, Reinhold Czasny (Mitte) und Claus Leckel sind mit bekannten und weniger bekannten Pilzen gut gefüllt. Den Riesenstäubling in der Hand von Elke Förderer hat sie allerdings auf einer Viehweide gefunden.
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Claus Leckel bespricht mit Elke Förderer und Reinhold Czasny die typischen Erkennungsmerkmale eines Pilzes. Anschließend fachsimpelten die Experten darüber, wie sich die "Waldfrucht" am besten zubereiten lässt.
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Kleine Details wie die verschiebbare Manschette geben Auskunft darüber, dass es sich bei diesem Fundstück um einen essbaren Parasol handelt.


Wollige Milchlinge, die weiße Flüssigkeit absondern, Hexenröhrlinge, deren Schnittfläche blau anläuft oder tintenfischähnliche Exemplare, die aus Hexeneiern wachsen - was wie ein Trip durch die Drogenküche klingt, ist eine kurze Einführung in die Welt der Pilze. Doch wer sich darin nicht auskennt, kann schnell in Teufels Küche kommen. Darum habe ich mich als bekennender Laie mit gar keinen Kenntnissen den Pilzberatern Elke Förderer und Claus Leckel angeschlossen beim Spaziergang durch das Gehölz.
"Jagdrevier" der beiden Pilzfreunde ist diesmal der Wald bei Oberachern. "Fürs Pilze sammeln eignet sich aber jeder lichte Laubwald. Hauptsache, der Boden ist warm und feucht", erzählt Leckel (65). "Dann sprießen die behüteten Leckerbissen wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden."
"Es ist nicht nötig, mit der Machete durchs Unterholz zu pirschen", warnt die 51-jährige Förderer. Wer sich auskennt, entdeckt bereits wenige Schritte vom Waldweg entfernt die besten Exemplare. Während die Kenner links und rechts vom Pfad ausschwirren, sehe ich als Anfänger nur den Wald voller Bäume, aber ohne Pilze.
"Schau!", sagt Förderer und schiebt mir einen rundlichen Pilz in die Hand. Als sie auf dessen Hut drückt, staubt eine feine Wolke empor. "Das ist ein Stäubling. Wenn Regentropfen auf ihn fallen, verteilt er auf diese Weise seine Sporen", erklärt sie mir. Anhand solcher Beispiele wollen die Experten ihre Begleiter fit machen, die zwölf häufigsten essbaren Herbstpilze wie Hexenröhrling, Totentrompete, Safranschirmling und Ziegenlippe sowie die sechs gefährlichsten Giftpilze darunter den Schwefelkopf, Panterpilz und Bovist zu erkennen. Was für Namen! Mir sind bislang nur Champignons, Pfifferlinge und Steinpilze geläufig.
"Das geht vielen so", wissen die Fachleute, die aus der Gegend um Baden-Baden stammen. Darum bleiben oft die größten Fundstücke unbehelligt im Wald oder auch mal unter einer Ausflugsbank stehen", erinnert sich Förderer grinsend. "Da wuchs ein riesiger Steinpilz. Doch da niemand zugegriffen hat, dachten alle wahrscheinlich, der wäre giftig - zu meinem Glück."
Sie und Kollege Leckel raten: "Bevor man einen Pilz ganz tief am Stiel abschneidet, sollte man ihn möglichst genau anschauen und unter den Hut gucken: Hat er Lamellen oder nicht? Sind diese weiß, rosa oder bräunlich? Riecht er angenehm oder penetrant? Denn nichts sei schlimmer, als das voreilige Abschneiden beziehungsweise Ausreißen von Pilzen, die plötzlich doch nicht das sind, wofür man sie gehalten hat und dann einfach achtlos weggeworfen werden.
Außerdem legen die Beiden den Sammlern nahe, nicht an den Pilzen "herumzurandalieren", sie also nicht einfach wegzutreten. Das Gewächs ist ein empfindlicher Organismus, und die Fruchtkörper - eben die oberflächlichen "Pilze" - sind nur ein Teil des Ganzen. Der übrige Teil, Mykorrhiza genannt, befindet sich im Boden, deshalb sollten Pilze auch abgeschnitten und nicht abgerupft werden.
Erfahrene Sammler können durch eine Geruchs- und/oder Geschmacksprobe herausfinden, ob es sich beim Findling um Gallenröhrling, Steinpilz oder Täubling handelt und ob er genießbar ist. "Einfach ein kleines Stück vom Stiel oder den Lamellen abschneiden und einige Sekunden kauen. Aber unbedingt wieder ausspucken. Runterschlucken darf man das gekaute Stück zur Sicherheit nicht. Viele ungenießbaren Pilze erkennt man schon am scharfen oder bitteren Geschmack", so Förderer.
Reicht es nicht, mit einem Pilzbestimmungsbuch auf die Pirsch zu gehen?", will ich wissen. Leckel winkt ab: "Dort sind zwar wichtige Merkmale wie Lamellenform, Hut und Stiel beschrieben. Doch bestimmen Sie Pilze nie nur anhand von Bildern. Die Farben sehen auf Fotos oft anders aus als im Original. Ziehen Sie lieber im Zweifelsfall einen Experten zu Rate."
Als letztes gibt er mir auf den Weg mit: "Wenn Sie sich nicht zu 100 Prozent sicher sind, lassen Sie den Pilz stehen!"

Was ist zu tun im Notfall?
Es gibt unter den 5300 Arten europäischer Großpilze 160 giftige wie der Fliegenpilz und viele ungenießbare oder unerprobte Arten. Und oft genug ist es so: Die Schönsten sind auch die Gefährlichsten.

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Wie so oft im Leben sind die Schönsten (hier: Fliegenpilze) auch die Gefährlichsten.


Sollte trotz aller Vorsicht der Ernstfall eintreten, rät die Johanniter Unfall Hilfe: "In keinem Fall sollten die Betroffenen durch Salzwasser oder Milch versuchen, Erbrechen herbeizuführen. Der berühmte Finger im Hals ist nur kurz nach dem Pilzverzehr sinnvoll. Dennoch sind Notruf, Ruhe und Besonnenheit die besten Mittel im Falle einer Pilzvergiftung. Wer nach einem Pilzgericht bewusstlos wird, gehört in die stabile Seitenlage."

Bei einer möglichen Vergiftung sollte immer der Rat der Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg (0761/19240) eingeholt werden. Jedoch bitte auf keinen Fall selbst mit dem Auto hinfahren, der Zustand kann sich jederzeit verschlechtern.

 

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